Ich bewundere die Leute, an denen das Verlassen einer alten und Eintreten in eine neue Zeitzone völlig spurlos vorüberzugehen scheint. Egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit können sie ohnehin immer und überall schlafen und im Flugzeug somit erstrecht. Ausgeruht wachen sie dann kurz vor Erreichen des Zielflughafens auf und starten voller Energie ihre Reise oder ihren Alltag back home.. In meiner Wunschvorstellung sähe das bei mir ganz ähnlich aus, aber leider haben sich mein Körper und meine innere Uhr da zusammen getan, um kräftig gegen das Durcheinanderbringen des gewohnten Rhythmus zu rebellieren; und zwar mit dauerhafter Müdigkeit, dennoch schlaflosen Nächten, Kopfweh sowie Appetitlosigkeit und andauernder leichter Übelkeit. Na vielen Dank!

Fasten gegen Jetlag im Selbstversuch

Fasten gegen Jetlag – Theorie

Kurz vor meiner Australienreise mit satten 7 Stunden Zeitverschiebung bin ich auf einen Artikel gestoßen, in dem es um die Fragestellung ging, ob Fasten wirklich helfe den allgemein als unerwünscht empfunden Jetlag zu umgehen. Nach einer etwa 16-stündigen Fastenzeit würde der Hunger die circadiane Uhr – also unsere innere Uhr – austricksen, indem erst wieder am Ziel gegessen würde. Somit wären wir direkt auf die Zeitzone des Zielorts gepolt. Erlaubt seien Wasser und im Notfall wasserreiches Obst. In der Theorie klingt das großartig.
Die Forscher in dem Artikel waren sich allerdings nicht einig. Dagegen spräche, dass es eben mehr als eine innere Uhr gäbe, deren aller Hauptreiz nach wie vor das Tageslicht bliebe. Das Beeinflussen rein über das Hungergefühl würde nicht ausreichen.
Aber einige Erfahrungsberichte versprachen Erfolge, sodass meine Neugierde geweckt war. Allerdings habe ich mich nicht auf der Hinreise für die Anwendung des Selbstversuches entschieden, sondern erst auf der Rückreise. Ich wollte möglichst schnell wieder fit sein, da ich wenige Tage später wieder arbeiten musste.

Fasten gegen Jetlag – Vorbereitung

Meine letzte Mahlzeit nahm ich am Flughafen in Perth zu mir, einen Falafelwrap und einen Sojacappuccino. Meine Snacks ließ ich schweren Herzens in Australien zurück und betrat den Flieger lediglich mit einer Packung Kaugummi. Auf meinem ersten Flug mit Malindo Air gab es ohnehin kein vegetarisches/veganes Essen, weshalb ich hier niemandem Bescheid geben musste, sondern ablehnte. Auf dem langen Flug von Malaysia nach Istanbul bat ich die Stewardess im Voraus darum, mir kein Essen zu bringen. Allein das fiel mir schwer, war das Essen auf dem Hinflug doch so gut gewesen; aber die Hoffnung mein Puls und Schlafbedürfnis sowie meine Hormonproduktion und Körpertemperatur würden sich somit bei Ankunft direkt wieder mit der heimischen Zeit vertragen, reichte als Motivation.

Fasten gegen Jetlag

Fasten gegen Jetlag – Fastenzeit

Die ersten Stunden waren easy. Ich habe mich abgelenkt, hatte ja ohnehin erst vor wenigen Stunden am Flughafen meine letzte Mahlzeit zu mir genommen und das Essen von Malindo Air hätte ich denke ich auch gegen Bezahlung nicht runter bekommen. Als es dann auf den zweiten und dritten Flug ging sah die Sache schon anders aus. Das Abendessen auszuschlagen und mehr oder minder hungrig den Nachtflug zu überstehen fiel mir schon schwer, aber dann das Frühstück. Der Duft von frischem Kaffee gepaart mit gebratenen (oder eher irgendwie erhitzten) Eiern ließen mich fast verrückt werden. Ich bat die freundliche Flugbegleiterin um eine Schale Obst, die ich auch wenig später auf meinem Flugzeugklapptisch stehen hatte. War zwar lecker, aber zu null Prozent befriedigend. Meine Laune schlug spätestens hier um, während alles um mich herum genüsslich in ihre Brötchen bissen. Ich hasse Essgeräusche ohnehin, aber in diesen zwei Stunden habe ich mich glaube ich mehr hineingesteigert als jemals zuvor ..
Am Flughafen in Istanbul gab es dann einen Kaffee für mich; und den auch mit Milch. Wobei wir zu diesem Zeitpunkt auch um die 6 Uhr morgens europäischer Zeit hatten, weshalb ich es für sinnvoll hielt, jetzt die erste kleine „Mahlzeit“ zu mir zu nehmen.
Der Anschlussflug bis Düsseldorf ließ sich dann auch noch irgendwie aushalten und ich hatte es geschafft.

Fasten gegen Jetlag – Fazit

Die größte Erkenntnis, die ich aus meinem kleinen Selbstversuch ziehe, ist, dass das eigentliche Hungergefühl in den Hintergrund rückt, einem aber die Langeweile und das „Nicht-Mitessen“ viel mehr zu schaffen machen. Mir war vorher nicht bewusst, dass das Essen im Flugzeug zweierlei Aufgaben übernimmt. Zum einen stillt es den Hunger – klar – aber zum anderen ist es die absolute Beschäftigungstherapie. Wenn man mal überlegt, vergehen besonders auf Langstreckenflügen gerne mal zwei Stunden pro Mahlzeit. Es beginnt mit dem Warten auf das Essen, was in den Reihen vor einem schon ausgeteilt wird und dem man so schon entgegenfiebert, der eigentliche Prozess der Nahrungsaufnahme, welcher sich gefühlt durch das Servieren mehrerer kleiner Postionen in die Länge zieht, dann die Auswahl des ersten und des zweiten Getränks, Heißgetränke, Gebäck, Abräumen.. Wenn ich das jetzt selbst lese klingt es zwar seltsam, aber wenn man all das nur von „außen“ betrachtet, wird es einem wirklich bewusst.
Dazu kommt noch, dass man wirklich irgendwann ziemlichem Hunger hat und eben ziemlich hangry wird. (To be hangry = eine (schlechte) Hungerlaune haben).

Aber jetzt zum wirklich interessanten Ergebnis:

Hat das Fasten für weniger Jetlag gesorgt?
Ja, hat es. Ich hatte wirklich das Gefühl, mich schneller wieder an die heimische Zeit gewöhnt zu haben.

Würde ich es nochmal machen?
Tendenziell eher nicht. Ausschlaggebend dafür ist für mich – wie oben beschrieben – nicht der Hunger, sondern das Gefühl, die ohnehin schon ewig scheinende Reise ziehe sich noch mal mehr in die Länge und die daraus resultierende schlechte Laune.


Habt ihr es schonmal versucht? Was sind eure Erfahrungen? Oder habt ihr andere hilfreiche Tipps gegen Jetlag?