Die Gefühle, die ich persönlich mit Paris verbinde, lassen sich gar nicht in Worte fassen. Das Spektrum reicht vom hüpfenden Herzen gepaart mit funkelnden Augen, bis hin zu Schmerz verursachender Traurigkeit. Nicht zuletzt aufgrund dieser Extremerfahrungen, die ich in der Stadt gemacht habe, kann ich nicht aufhören, mich mit großem Enthusiasmus über das Leben dort auszutauschen. Eigentlich hatte ich geplant, nur einen einzigen Erfahrungsbericht aus Paris in meine Blogkategorie „Leben in“ aufzunehmen. Doch bei der Suche nach einem Interviewpartner war die Resonanz so groß, dass ich mich dazu entschlossen habe, dem Thema in Form einer ganzen Reihe Platz auf dem Blog einzuräumen. Durch die Reihe „Aus dem Leben in Paris“ soll ein spannender und persönlicher Einblick in ganz individuelle Leben in Paris entstehen.
Teil 1 mit Marcus: Aus dem Leben in Paris
Hallo lieber Marcus, erzähl uns doch vielleicht erstmal wer du bist und was du machst?
Mein Name ist Marcus, ich bin 34 Jahre alt und bin seit Ende Juni 2016 hier in Paris. Ich bin Berufssoldat der Bundeswehr und wurde für die Dauer von drei Jahren nach Paris an die École Militaire versetzt. Dies ist eine, unter anderem, repräsentative Verwendung.
Wie bist du heute Morgen in den Tag gestartet?
Ich liiiiiebe Baguette (tradition oder parisien), aber da die Bäckereien hier in Paris nur sehr selten vor 07:00 Uhr öffnen – von den kleinen Backstuben in den Supermärken einmal abgesehen – und so habe ich den heutigen Tag mit Müsli begonnen, bevor ich mich auf ein „velib‘“ (= Mietfahrradservice in Paris) geschwungen habe und zu meinem Arbeitsplatz geradelt bin.
Was hat dich ins schöne Paris verschlagen? / Warum Paris?
Eines Tages klingelte mein Telefon in Deutschland und mein Personalbearbeiter fragte mich, ob ich nicht Lust hätte eine Verwendung in Paris anzutreten. Da ich zuvor rund 10 Jahre in der Deutsch-Französischen Brigade unterschiedliche Verwendungen durchlaufen habe und seitdem sehr francophil bin, konnte ich nur sehr schlecht nein sagen. Ich hätte allerdings auch zu jeder anderen Frankreichverwendung mein d’accord gegeben.
Wie lief die Vorbereitungszeit ab? Gab es eine?
Ja, es gab durchaus eine Vorbereitungszeit. Ich erhielt diese Information rund neun Monate vor meinem Antritt, also genug Zeit um sich zunächst einmal umfassend zu informieren und dennoch verlief auch dieses großzügige Zeitfenster sehr schnell! Die größte Hürde war für mich, wie vermutlich für viele andere, die Wohnungssuche. Die Bundeswehr unterstützt zwar bei der Beschaffung (Aufgabe einer Anzeige, Kontakt mit Makler/Vermieter herstellen, etc.), allerdings habe ich mich selber darum gekümmert. Das war zwar ein wenig stressig, da ich an zwei Tagen 17 Wohnungen angesehen habe, aber somit konnte ich schon einmal erste Impressionen von Paris bekommen.
Was waren deine ersten Eindrücke und Erfahrungen?
Hohe Sicherheitsvorkehrungen am Bahnhof; Überfüllte Metros und Bahnsteige; Rad-/Motorradfahrer und Fußgänger welche sich nicht ansatzweise an die Verkehrsregeln halten; Menschen, die sehr oft und sofort „Pardon, Monsieur!“ sagen (z.B. wenn man jemand im Supermarkt anrempelt), unabhängig davon, ob es deren Schuld war oder nicht; ein Streik der Busfahrer, welche ihre Busse für mehrere Minuten mitten auf der Kreuzung parkten und so den gesamten Verkehr lahmlegten…
Gab es Überraschungen?
Nicht viele, da mir die Mentalität schon vorher ein bisschen vertraut war und ich in etwa wusste, was mich erwarten würde. Zumindest keine sehr bösen Überraschungen. Der Internetanschluss hat mich sehr viel Zeit und Nerven gekostet, das war die einzige böse Überraschung, aber in jedem Café oder in jeder Brasserie gibt es W-LAN.
Immer wieder überrascht bin ich über all jene, die urplötzlich deutsch mit einem sprechen können, wenn man mal mit seinem Vokabular am Ende ist. Und davon, dass man als Deutscher meist sehr gut angesehen ist.
Hat es lange gedauert bis du dich eingelebt hast? Fiel es leicht, sich zu integrieren?
Nun ja, ich integriere mich nach wie vor noch. Natürlich steht und fällt die Integration mit der Sprachbarriere. Oftmals ist es für mich sehr schwer einem Gespräch zu folgen. Insbesondere dann, wenn mehrere Personen an einem Tisch sitzen und kreuz und quer durcheinander schnattern. Mittlerweile habe ich mich allerdings gut eingelebt.
Wie würdest du die Pariser beschreiben? Oder verbringst du mehr Zeit mit anderen Zugezogenen?
Als sehr hektisch, aber die meiste Zeit verbringe ich während der Arbeit mit Franzosen aus allen Ecken Frankreichs, die am Wochenende zurückpendeln. Bisher habe ich lediglich drei „echte“ Pariser kennengelernt, die aber entgegen der Behauptung, dass alle Pariser unfreundlich seien, sehr feine und freundliche Menschen sind.
Welche Teile der Stadt würdest du zum Wohnen empfehlen und warum?
Man gab mir den Tipp, ins 15eme zu ziehen, was ich dann auch gemacht habe und was ich absolut nicht bereue. Natürlich, wer es sich leisten kann eine Wohnung im siebten oder 16ten zu ergattern, soll das tun. Ich fühle mich hier im 15ten sehr gut aufgehoben, da es ein sehr lebendiges Viertel ist. Allerdings sollte man bitte auch nicht vergessen, dass ich seitens der Bundeswehr einen monatlichen Mietzuschuss und einen sogenannten Kaufkraftausgleich (unter anderem für Lebensmittel) erhalte. Ohne diese Alimentierung könnte ich hier im 15. Arrondissement nur sehr schwer leben.
Auch wenn diese Frage natürlich sehr individuell zu beantworten ist: Was ist das durchschnittliche Budget pro Monat? Was würdest du als Minimum empfehlen?
Oje, das ist wirklich sehr schwierig, diese Frage kann ich leider nicht beantworten. Bevor man hierherzieht, sollte man wirklich einmal mindestens eine Woche hier vor Ort sein (kein Sightseeing machen!!) sondern wirklich einmal durch die Supermärkte, Boutiquen, Geschäfte und Läden ziehen, um einen Eindruck für das Preisgefüge, welches definitiv höher ist, als das was man aus Deutschland kennt, bekommt.
Ich koche/backe oft und gerne selbst. In Deutschland gab ich hierfür rund 300,- € für Lebensmittel im Monat aus. Hier sind es schon eher 450,- bis 500,- €!
Was war dein bisher schönster Parismoment?
Mit Freunden von daheim hier die EM erlebt zu haben!
Und der Schlechtestest?
Bisher ist mir ein wirklich schlechter Moment erspart geblieben und ich hoffe, das bleibt auch so!
Planst du für immer dort zu bleiben? Könntest du es dir vorstellen?
Nein, ich bin und bleibe ein Landei! Ich werde Paris vermissen, also das ich hier alles was ich benötige fußläufig oder mit dem Fahrrad erreichen kann. Aber ich freue mich auch wieder auf daheim.
Was sind deine Insider-Tipps für Parisbesucher?
- die Katakomben
- ein Restaurantbesuch (vorher reservieren und hoffen, dass schönes Wetter wird!) im Tour Montparnasse
- nicht lachen, ist ernst gemeint: das Musée des égoutes (Schneckenmuseum)
- einen Sommerabend auf den diversen Quays (Branly, Orly, etc.) verbringen, dort gibt es regelmäßig sehr schöne Veranstaltungen
Und was würdest du jemandem sagen, der darüber nachdenkt ebenfalls nach Paris zu ziehen?
Wenn er/sie es wirklich durchziehen will, dann nur das: Mach es!
Und zu guter Letzt: Wenn du Paris in 3 Wörtern beschreiben müsstest, welche wären es?
Hektisch, lärmend, wunderbar!