Wer bist du und was machst du?

Hallo ich bin Christina, 24 Jahre alt und komme aus Ratingen. Ich arbeite als Versicherungskauffrau im Innendienst bei der Rheinlandversicherung in Neuss.

Erzähle uns kurz von dem Land/der Stadt in der du gelebt hast!

Nach meinem Abitur habe ich für sieben Monate in Sierre Leone, Freetown gelebt.  Das wunderschöne Land gehört leider zu den ärmsten der Welt und befindet sich ganz im Westen von Afrika. Heute kennen es viele durch die Ebola-Epidemie im letzten Jahr.
Es gibt unendlich viele Stammessprachen, was dazu führen kann, dass man die Menschen im Nachbardorf schon nicht mehr versteht. Obwohl die Amtssprache Englisch ist, wird in Freetown fast ausschließlich das auf die englische Sprache basierende Krio gesprochen. 

Warum hast du dir genau dieses Land/diese Stadt ausgesucht?

Ich wollte unbedingt nach dem Abitur ins Ausland. Da Afrika mich schon immer fasziniert hat stand mein Ziel schnell fest. Dass ich dann in Sierra Leone leben durfte, hat sich durch die Gespräche mit meiner Organisation entwickelt. Hier bekam ich die Möglichkeit meine Projekte gezielt auf Kinder ausrichten zu können.

– Heute  bin ich froh dass ich dort gelandet bin.

 Wie waren deine ersten Eindrücke und Erfahrungen? Gab es Überraschungen?

Meine Ersten Eindrücke waren überwältigend. Ich war absolut begeistert von der Kultur, den freundlichen und gutgelaunten Menschen, der Umgebung, den Frauen und Männern die alles auf dem Kopf transportierten – und all den Sachen die man sonst nur im Fernsehen gesehen hatte.
Gleichzeitig war ich aber auch erschüttert über die Armut, das Leid und die Wohnsituation mancher Einwohner, was sich mir relativ schnell offenbarte.
Überrascht war ich davon, dass es dort wirklich Menschen gibt, die noch nie in Ihrem Leben einen weißen Menschen gesehen hatten. Ich hatte das Gefühl, dass vor allem einige kleine Kinder teilweise nicht genau wussten, ob sie sich freuen, oder besser wegrennen sollten. Meistens siegte dann aber doch die Neugier…

Hat es lange gedauert bis du dich eingelebt hast? Fiel es leicht, sich zu integrieren?

Meine Gastfamilie hat mir sofort das Gefühl gegeben zu Hause zu sein. Mir wurden schnell ein paar Leute zur Seite gestellt, um die Umgebung und die Nachbarschaft zu erkunden.
Es war am Anfang  schon schwierig, sich ohne Krio zu verständigen, aber man glaubt gar nicht wie gut das mit Mimik und Gestik funktioniert…
Am einfachsten haben es mir dann aber die Kinder in der Umgebung gemacht,  da sie nur Krio sprechen konnen. (Englisch wird zwar in der Schule unterrichtet, aber die meisten Kinder in meiner Nachbarschaft konnten sich die Schule nicht leisten). Dadurch habe ich Sprache wirklich schnell gelernt und konnte mich ab dem Zeitpunkt wesentlich besser in die Kultur einfinden.

Sierra Leone (1)

Wie sind die Menschen dort?

Die Menschen sind immer gut gelaunt, sehr herzlich und unglaublich gastfreundlich. Es ist so unfassbar wie die Menschen, denen es finanziell wirklich schlecht geht, eine so positive Ausstrahlung haben können.
Fast alle Sierra Leoner sind religiös und halten sehr an Ihrem Glauben fest. Ob Christen oder Muslime sie sind überzeugt davon, dass Ihr Gott ihnen das Überleben ermöglicht.

Besonders schön fand ich, dass man sich viel Zeit füreinander nimmt. Immer wenn man jemanden auf der Straße sieht den man kennt, wird ein kurzer oder auch langer Austausch gehalten. Dabei ist es vollkommen egal, ob man dann zu spät zum eigentlichen Ziel kommt, da man nicht weiß ob man diese Person überhaupt nochmal wieder sieht. Leider ist es oft wirklich so, dass man nicht sicher sein kann, sich  nochmal wiederzusehen. 

Hast du irgendwas gemacht, was du dir nie erträumt hättest?

Ohje ich habe wenn ich drüber nachdenke wirklich so viel gemacht was ich in Deutschland niemals gemacht hätte. Wenn ich jetzt daran zurückdenke habe ich immer ein Lächeln im Gesicht:

Man muss wissen dass die Menschen in Sierra Leone sehr spontan sind und beispielsweise kein Problem damit  haben kurz vor Beginn einer Veranstaltung alles nochmal umzuwerfen. So bekam ich vor einer Veranstaltung das Mikrofon in die Hand gedrückt und sollte auf einmal vor ca 100 Jugendlichen die verschiedenen Programmpunkte auf Krio moderieren. Ich wusste nicht einmal was genau in den zwei kommenden Stunden passieren sollte, aber es hat irgendwie geklappt.

Ich bin mit Autos gefahren die man erst kurzschließen musste damit sie fuhren und die außer Ihre Handbremse keine Bremsmöglichkeiten hatten.

Ich bin mit einem ausgehöhlten Baumstamm – oder Boot wie es die Einwohner nannten – zwei Stunden über das Meer gefahren und auf einmal auf einer Sandbank stecken geblieben. In Deutschland wäre ich halt gar nicht erst eingestiegen 😉

Was war der schönste Moment?

Es ist schwierig DEN schönsten Moment zu bestimmen, weil ich ganz ganz viele hatte.

Eine meiner schönsten Momente war aufjedenfall  der Tanzauftritt meiner Tanzgruppe die ich dort mit ca. 10 Kindern gegründet habe. Wir durften am Ende zeigen was wir jede Woche einstudiert hatten und alle waren super stolz darauf.

Es war einfach jedesmal schön die strahlenden Augen der Kinder zu sehen, wenn sie wussten, dass ich Zeit mit ihnen verbringe und sie ein wenig von dem harten Arbeitsleben, das man dort auch schon als Kind hat, ablenke.

Als wir eine Schule in einem kleinen Dorf besucht haben, sind die Kinder total ausgeflippt wenn bei einem Foto der Blitz ausgelöst wurde, sie haben geklatscht gejubelt und gelacht – das war der absolute Hammer !

Und der Schlechteste?

Naja schlecht war das Erlebnis zwar auch nicht unbedingt, aber es war glaube ich mein traurigstes Erlebnis:
Ich war einen Tag im Krankenhaus in Freetown (dem besten und modernsten Krankenhaus in ganz Sierra Leone) um den Kranken ein paar Spielsachen oder Süßigkeiten zu bringen. Die Kranken lagen nach Verletzungsgrad aufgeteilt in drei riesigen Räumen mit bestimmt 20-50 weiteren Patienten pro Raum. Man kann sich das gar nicht vorstellen, wenn wir uns wir uns hier zur selben Zeit Gedanken über Einbett-Zimmer und Chefarztbehandlungen machen. Der Anblick war wirklich schockierend genau wie die Information, dass es dort zu Todesfällen aufgrund einfachster Erkrankungen kommen kann, weil manche Bürger einfach kein Geld haben um sich die Medikamente oder den Krankenhausaufenthalt zu leisten. Sierra Leone

Welche Städte/Stadtteile sind lebenswert und warum?

Freetown ist super für das Leben in Sierra Leone, weil es viele Möglichkeiten gibt Lebensmittel zu kaufen und es von dort Anbindungen zu sämtlichen Stränden in der Umgebung gibt.

Vor allem lohnt es sich aber auch die Städte, (z.B Boo) etwas entfernt von Freetown anzuschauen. Hier würde ich aber raten nicht einfach drauf los zu fahren, sondern mit jemandem zu reisen, der sich vor Ort auskennt.

Was ist das durchschnittliche Budget pro Monat um dort zu leben?

Sagen wir mal so, ich hatte für meine sieben Monate 500 Euro eingeplant. Am Ende habe ich 200 Euro ausgegeben (davon vor allem Souvenirs)  und den Rest einfach so dort gelassen. 5000 Le sind umgerechnet ca. 1 € und dafür bekommt man schon eine Menge… 

Könntest du dir vorstellen zurückzugehen oder dort zu leben?

Ich werde aufjedenfall nochmal nach Sierra Leone zurück gehen. Ich habe meine zweite Familie dort und Freunde gefunden, die ich unbedingt wiedersehen möchte. Allerdings sind die ganzen Impfungen, die Malaria-Prophylaxe und das ganze Visum-Prozedere nicht mal eben so gemacht.

Ich würde sehr gerne meiner Familie und meinem Freund zeigen, wo und wie ich in der Zeit gelebt habe und nochmal mit ihnen zusammen dort hin reisen.

Ein Leben in Sierra Leone kann ich mir nicht vorstellen, das hat aber weniger mit dem Lebensstandard oder dem fehlenden Strom zu tun, sondern mehr mit meiner Familie die mir dann viel zu weit weg wäre! 

Sierra Leone

Welches ist dein schönstes Souvenir?

Mein afrikanisches Kleid das ich mir vor Ort habe schneidern lassen und die gebatikten Decken und Tücher, die ich mit Hilfe meiner Gastmutter selbst entworfen habe.

Insider-Tipps:

Strände:

  • Lakka Beach
  • River Nr.2 beach
  • Summer beach

Alle Strände sind von Freetwon entweder mit dem Bus, einem Taxi oder einem Motorradtaxi zu erreichen.

Ansonsten:

Lighthouse – Eins der wenigen Restaurants in Sierra Leone. Hier kann man wirklich lecker essen und hat einen wunderschönen Ausblick.

The Rock –  Hotel am Lakka Beach, wirklich gute Ausstattung für afrikanische Standards

Big Market – Super Einkaufsmöglichkeiten  für handgemachte Holzfiguren, Stoffe und vieles mehr.

Sierra Leone

Vielen Dank Christina!!