Hallo liebe Marlene, erzähl uns doch vielleicht erstmal wer du bist und was du machst?

Also ich bin Marlene, freiberufliche Online-Marketing-Fee und passionierte Reisende. Auf meinem Blog „Couchabenteurer“ möchte Menschen dazu inspirieren die Couch zu verlassen und raus ins wahre Leben zu starten. Ich möchte ihnen Mut machen ihre Ängste zu überwinden und die Welt für sich zu entdecken. Dazu gibt es ganz viel Input auf meiner Website www.couchabenteurer.de und natürlich auch auf allen Social Media Kanälen.

Wie bist du heute morgen in den Tag gestartet?

Oh ganz gemütlich an einem Sonntagmorgen. Erstmal in Ruhe im Bett lesen, dann in der Badewanne wach werden und dann ein leckeres Frühstück.

Was hat dich nach Südafrika verschlagen?  Warum Südafrika?

Im Jahr 2010 habe ich eine Traumreise nach Kapstadt gewonnen und mich unsterblich in dieses Land verliebt. Noch auf dieser Reise war mein sehnlichster Wunsch, irgendwann mal in Kapstadt zu leben. Aber wie das so ist, man ist zurück im Alltag und steckt in seinem Leben mit Job, Wohnung, Freunden, Haustieren und Verpflichtungen fest. Also hab ich nicht wirklich was für diesen Traum getan…

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Wie lief die Vorbereitungszeit ab? Gab es diese in ausreichender Form?

Eigentlich total chaotisch. So ca. 1 Jahr nach meiner gewonnen Reise habe ich auf Facebook eine Anzeige zum Arbeiten in Kapstadt gesehen und an die Agentur einfach mal meinen CV geschickt. Ohne mir wirklich Mühe zu machen, auch noch ein Anschreiben zu formulieren. Ich wurde trotzdem kontaktiert und zum Gespräch bei Amazon in Regensburg geladen. Ein klassischer Call Center Job wurde mir angeboten und eigentlich passte das so gar nicht zu meinen Zukunftsvorstellungen. Ich hatte einen gutbezahlten Job im Marketing eines Schmuckherstellers der Ultra-Luxus-Bereich. Trotzdem reizte mich die Aussicht endlich auch mal im Ausland leben zu können, noch dazu in einer Stadt wie Kapstadt.

Ich war hin und her gerissen. Am 23.9.2011 bekam ich die Zusage. Nach einigen schlaflosen Nächten mit unendlich nervigen Diskussionen mit mir selbst, hab ich irgendwann das Hirn ausgeschaltet und mich einfach dafür entschieden. Das hieß jetzt aber auch Auswandern in 6 Wochen!

Mein Flieger nach Kapstadt sollte am 26.11. starten. In der Zeit wusste ich nicht, wo oben und unten ist. Wohnung auflösen, Auto und Habsehligkeiten verkaufen, Katzen unterbringen, Job kündigen, meine Versicherungen und Verträge kündigen, in Deutschland abmelden, eine Bleibe in Kapstadt suchen und nebenbei bin ich noch voll arbeiten gegangen und hatte 5 (!) Nebenjobs, um noch etwas Geld für Südafrika zu sparen. Eine 65h Woche war nix! Ich war fix und foxy, als ich dann endlich im Flieger saß. Zudem kam ja auch noch der emotionale Stress dazu. Ich bin nicht gegangen, um zurück zu kommen. Es war eine Auswanderung und das hieß eben auch, Abschied nehmen von liebgewonnen Menschen. Das war das härteste überhaupt! Die erste Teilstrecke nach Kapstadt hab ich bitterlichst heulend im Flieger gesessen. Auf dem zweiten Teil war ich dann so erschöpft, dass ich völlig fertig und entkräftet eingeschlafen bin.

Was waren deine ersten Eindrücke und Erfahrungen?

Puh ich war erstmal total eingeschüchtert. Es ist was komplett anderes, wenn man in einem Land lebt und es nicht als Tourist bereist. Ich war ehrlich überfordert. Man bewegt sich anders in Südafrika, die Menschen ticken völlig anders und auch der neue Job war eine Herausforderung.

Gab es Überraschungen?

Überraschungen? Klar! Es ist Kapstadt, da wird man jeden Tag überrascht. Hier läuft einfach alles Anders und oft stößt man mit seinem deutschen Denken an seine Grenzen. Ich musste meine Einstellung zu Schnelligkeit und Pünktlichkeit erstmal hinterfragen. Auch das deutsche Sicherheitsdenken wird hier ganz schön auf die Probe gestellt. Ich meine das in Bezug auf soziale Sicherheit. Zwar war ich krankenversichert, aber Krankheitstage wie in Deutschland gibt es nicht. Wer nach 2 Wochen nicht wieder zurück bei der Arbeit ist, bekommt auch kein Geld mehr. Diese 2 Wochen verteilen sich auf 2 Jahre! Wovon zahlt man seine Miete, wenn man wirklich mal ausgenockt ist von einer Grippe oder gebrochenen Gliedern?

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Hat es lange gedauert bis du dich eingelebt hast? Fiel es leicht, sich zu integrieren?

Ich habe gute 3 Monate gebraucht, um mit der neuen Situation zurecht zu kommen und die waren echt eine harte Schule. In SA bewegt man sich anders als in Deutschland. Besonders nachts oder als Frau. Man muss ständig achtsam sein und das hat mich am Anfang fast wahnsinnig gemacht.

Wie würdest du die Südfrikaner beschreiben? Oder hast du mehr Zeit mit anderen Internationals verbracht?

Ich habe vom ersten Tag mit Südafrikanern zusammen gelebt und nicht in einer deutschen Bubble, wie viele Auswanderer das gerne machen. Mir war es wichtig mit Locals zusammen zu sein und so viel wie möglich über sie und ihr leben zu lernen. Daraus sind tolle Freundschaften entstanden, die selbst nach meiner Rückkehr noch intensiv gepflegt werden. Freundschaften in Südafrika sind speziell. Es ist ein ganz anderer Zusammenhalt. Man hilft sich einfach viel mehr, als wir es in Deutschland gewohnt sind und das schweißt wirklich zusammen.

Welche Teile der Stadt/des Landes würdest du zum Wohnen empfehlen und warum?

Südafrika hat so viele verschiedene Seiten, dass die es mir schwierig machen, mich festzulegen. Ich liebe natürlich Kapstadt, weil man in dieser Stadt wirklich alles machen kann. Trotzdem haben auch kleine Fischerdörfer wie Paternoster ihren Charme oder mancher liebt die pure Wildnis und Abgeschiedenheit. Ich mag einfach die Mischung dieses Landes. Das Lächeln der Menschen, das Hippe, die Freundlichkeit und diese unglaublich, abwechslungsreichen Landschaften.

Auch wenn diese Frage natürlich sehr individuell zu beantworten ist: Was ist das durchschnittliche Budget pro Monat? Was würdest du als Minimum empfehlen?

Puh, kann man das pauschalisieren? Mir war es wichtig in einem sicheren, modernen und schönen Komplex zu wohnen. Dafür ging die Hälfte meines Einkommens also schon für mein Zuhause drauf. Ich habe im Schnitt 800 EUR verdient und damit waren keine großen Sprünge mehr möglich. Südafrika ist nicht günstig, für die Menschen die dort leben und mit ihren wenigen Rand auskommen müssen. Das Land importiert die meisten Güter, das schlägt sich in den Preisen nieder und so ist das Leben dort ein ständiger Kampf. Manchmal hieß das auch für mich Ende des Monats, dass nur noch Tütensuppe drin war. An sparen für Urlaub oder die Zukunft war da nicht zu denken.

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Was war dein bisher schönster Moment in Südafrika?

Für mich sind das Momente mit meinen Freunden dort. Aber auch die vielen Begegnungen mit Tieren und das Draußensein in der Wildnis. Ich war eigentlich keinen Moment daheim, sondern immer am Entdecken und Erleben – auch mit wenig Geld ist das möglich und das hat die Zeit in Südafrika für mich so besonders gemacht.

Und der Schlechteste?

Das Schlechteste ist immer noch zu sehen, wie tief gespalten dieses Land ist und welches Gewaltproblem es hat. Ein Menschenleben zählt manchmal einfach nichts und das macht mich oft tieftraurig. Aber inzwischen erlebe ich das auch in Deutschland und das ist genauso erschütternd.

Planst du für immer dort zu bleiben? Könntest du es dir vorstellen?

Ich bin nach 1,5 Jahren zurück nach Deutschland gegangen. Man muss wissen, dass man nur schwer eine Arbeitserlaubnis/ Aufenthaltserlaubnis in Südafrika bekommt, wenn man keinen Skil hat, den kein Südafrikaner hat. Marketingexperten gibt es auch in Kapstadt ausreichend. Mir hat es gefehlt in meinem Job zu arbeiten und ein Stück weit Sicherheit zu haben. Deshalb bin ich zurück nach Deutschland gegangen. Mit dem richtigen Job und einem guten Auskommen würde ich sofort zurück nach Südafrika gehen.

Was sind deine Insider-Tipps für Besucher?

Südafrika hat immer noch viele Ecken die, die meisten Reisenden nicht auf dem Radar haben. Für den Einstieg sind Kapstadt, Garden Route und Krüger Nationalpark völlig in Ordnung. Wer aber ein zweites Mal ins Land ans Kap reist, der sollte auch der Westküste, den Cederbergen oder kleineren Parks im Norden seine Aufmerksamkeit schenken.

Und was würdest du jemandem sagen, der darüber nachdenkt ebenfalls nach Südafrika zu ziehen?

Unbedingt machen! Aber sich auch klar sein, dass Afrika nichts für Sissis ist. Dass das Leben dort wird einen vor ganz andere Herausforderungen stellen. Man muss sich klar sein, das man mit seinem deutschem Sicherheitsdenken, Pünktlichkeit und Verbindlichkeit oft vor emotionale Herausforderungen gestellt wird. Man sollte schnell lernen, sich locker zu machen und im hier uns jetzt zu leben. Aber wer sich darauf einlassen kann, der wird ganz sicher sein Paradies finden.

Und zu guter Letzt: Wenn du Südafrika in 3 Wörtern beschreiben müsstest, welche wären es?

Wildlife, Freiheit, Lächeln…

Vielen Dank für deine Zeit, Mühen und Offenheit!
Bis bald!