Mit dem Zug durch die Rocky Mountains von Toronto nach Vancouver – auch The Canadian genannt – eine der wohl atemberaubendsten Zugstrecken der Welt. Sie taucht sogar auf dem 10$-Schein der Kanadier auf. Diese tollte Erfahrung konnte ich letzten Winter machen. Welche Erfahrung ich mit Viarail gemacht habe, was sonst noch so unterwegs passiert ist und welche Tipps ich nach meiner Erfahrung geben kann, erfahrt ihr hier.

Erfahrung mit Viarail: Erschwerter Start

Von Toronto nach Winnipeg; von Winnipeg nach Edmonton; von Edmonton nach Jasper, hier ein paar Tage verbringen und von Jasper nach Vancouver.. so war es eigentlich geplant! Dass beim Reisen nicht immer alles so kommt, wie man sich das wünscht oder wie man es geplant hatte, ist keine Überraschung mehr für mich. Trotzdem war der Zugausfall eine ziemlich nervige Angelegenheit. Aber von vorne..

Nach ein paar spannenden Wochen in Quebec und Ontario und letztlich einigen schönen Tagen in Toronto sollte es nun 3 Tage Entspannung pur im Zug heißen. Am Morgen der Abreise bekam ich nur leider eine etwas unerfreuliche Mail, in der mir mitgeteilt wurde, dass der Zug aufgrund einer technischen Störung, die Strecke zwischen Toronto und Winnipeg nicht befahren kann. Da das so ziemlich die einzige Information aus der Mail war und ich nicht wusste, was das nun genau bedeuten sollte, machte ich mich auf den Weg zur Union Station, dem Bahnhof von Toronto, um am Schalter von Virail Genaueres zu erfahren. Dort angekommen, bekam ich nach gefühlt ewigem Hin und Her zwei Möglichkeiten angeboten. Entweder ich würde drei weitere Tage in Toronto verbringen, um dann in den nächsten Zug zu steigen. Diese Möglichkeit, die mir generell nicht als die idealste erschien, nachdem ich bereits die letzten Tage hier verbracht und alle Sehenswürdigkeiten, die ich geplant hatte zu besuchen, bereits besucht hatte, hatte zudem den Haken, dass man mir nicht sicher sagen konnte, ob dieser die Strecke denn dann auch wirklich passieren könne. Also entschied ich mich kurzerhand für die zweite Möglichkeit, die Strecke von Toronto bis Winnipeg noch in dieser Nacht mit dem Bus in Angriff zu nehmen, um dann in Winnipeg in den geplanten Zug zu steigen.

Ehe ich mich versah befand ich mich um kurz nach Mitternacht am Abfahrtsort von Greyhound. Ich war mir sicher aus Südamerika bereits Busreisen erprobt zu sein, aber diese 33 Stunden mit Greyhound waren im Vergleich zu den südamerikanischen Busunternehmen eine wirkliche Herausforderung. Mehr über meine Erfahrung mit Greyhound könnt ihr hier nachlesen.

Erfahrung mit Viarail

Erfahrung mit Viarail: Endlich einsteigen

Nach 33 Stunden Busfahrt endlich in Winnipeg angekommen, konnte ich wenig später in den Zug steigen und meine Kabine mit meiner Begleitung beziehen. Das Einchecken lief ohne große Probleme oder langes Warten ab. Man darf ein kleines Gepäckstück mit in seine Kabine nehmen. Meinen großen Rucksack habe ich also aufgegeben und das Nötigste in einen kleinen umgepackt und diesen dann mitgenommen. Vom ersten Moment an im Zug war ich wahnsinnig begeistert. Der Zug, die unterschiedlichen Abteile, der Speisewagen, unsere Kabine und die Betten – alles war wahnsinnig gemütlich und die reinste Genugtuung nach der langen Busfahrt.

Erfahrung mit Viarail

Erfahrung mit Viarail: Die Schlafkabinen

Wir hatten auf beiden Fahrten eine Schlafkabine für zwei Personen. Dabei handelt es sich meines Wissens nach um die bestmögliche Kategorie. Es ist trotzdem wirklich sehr eng und es fiel schwer ein vernünftiges Foto zu machen. In der Kabine selbst befindet sich ein kleines Wachbecken mit Spiegel, zwei Ledersessel, von der Kabine selbst abgehend ein WC und ein wenig Stauraum in jeder nur denkbaren Nische. Abends werden die Kabinen von einem der Mitarbeiter umgebaut. Die Ledersessel kommen weg und – woher auch immer – werden die Betten heruntergeklappt, auseinandergefaltet und bezogen. Auf der ersten Fahrt bis Jasper waren diese als Etagenbetten übereinander angeordnet und auf der zweiten Fahrt nebeneinander. Trotz des Lärms, den der Zug kontinuierlich auch nachts macht, habe ich beide Nächte wahnsinnig gut geschlafen. Und der Blick am Morgen aus dem fahrenden Zug ist unbezahlbar. Einige andere Passagiere erzählten mir am nächsten Morgen, sie hätten kein Auge zu bekommen. Ist wahrscheinlich von den persönlichen Schlafgewohnheiten abhängig, aber ich empfand es als wahnsinnig entspannend. Auf dem Gang befinden sich pro Wagon mit Schlafkabinen zwei Duschen. Auch das Duschen im Zug hat mich eher positiv überrascht. Ich hatte etwas Bedenken, es könne zu sehr schaukeln, das Wasser könnte nicht heiß genug sein oder ähnliches, aber es war alles angenehm und unproblematisch. Natürlich sind die Duschen viel enger und anders als in einem Hotelzimmer, aber für 1-2 Tage keinerlei Problem und auf jeden Fall eine etwas außergewöhnlichere Erfahrung, in einem fahrenden Zug zu duschen während man an Grizzlies vorbeirauscht.

Erfahrung mit Viarail: Der Zug

Der Zug ist in unterschiedliche Abteile unterteilt, wobei man allerdings je nach gebuchter Kategorie nicht zu jedem der Wagons Zugang hat. Hinter dem Zugführer befand sich in meinem Fall der Gepäckwagon, wo die großen Gepäckstücke untergebracht waren. Dahinter dann mehrere Wagons mit Sitzplätzen. Auch hier lässt es sich aushalten, wobei die Nächte laut unserer Mitreisenden schon etwas ungemütlicher waren. Dadurch, dass man mit vielen Personen in einem Wagon ist und im sitzen schläft, sei es schon sehr unruhig und unbequem gewesen. Für 2-3 Nächte aber als Backpacker definitiv auszuhalten und wahrscheinlich bequemer als viele Hostels.

Auf einen Wagon mit Sitzplätzen folgt ein Wagon mit Tischen, Zeitschriften etc., um sich zwischendurch einfach mal woanders hinbewegen zu können und aus seinem Sitz aufzustehen.

Einige Wagons weiter ist der Speisewagen angekoppelt. Zu diesem haben nur die Gäste Zutritt, die eine Schlafkabine oder einen Platz in den geteilten Schlafwagons gebucht haben. Zum Essen komme ich gleich. die nachfolgenden Wagons sind genau diese geteilten Schlafwagons. Dort kann man zwischen einem Ticket für ein Bett oben oder unten wählen. Tagsüber sind es ganz normale 4-er Abteile, in denen sich vier Personen gegenüber sitzen können. Ähnlich wie in den S-Bahnen in Deutschland. Nachts werden sie in zwei Betten umgebaut, eben eines oben und eines unten. Diese Mittelklasse ist definitiv ausreichend und die Betten genau wie die in den privaten Schlafkabinen gemütlich und durch einen Vorhang hat man seine Ruhe.

Die nächsten Wagons sind quasi lange Flure von denen die bereits beschriebenen privaten Schlafkabinen abgehen, in denen auch ich schlief.

Der letzte Wagon, zu dem ebenfalls nur die beiden teureren Klassen Zugang haben, ist der Panoramawagen. Hier gibt es 24 Stunden Tee, Kaffee, Kuchen und Snacks und die Decke ist komplett aus Glas. Auf einer Art Empore kann man Platz nehmen und hat so eine wunderschöne Sicht auf alles, was an dem Zug vorbeischnellt: Wälder, Flüsse, Seen, die verschneiten Gipfel der Rockies und mit etwas Glück auch die ein oder anderen Vertreter der kanadischen Tierwelt. Hier war auf jeden Fall mein Lieblingsplatz im Zug. Eine weitere Besonderheit während unserer Fahrt war die Anwesenheit zweier Musiker. In regelmäßigen Abständen engagiert das Unternehmen junge Künstler, damit diese die Passagiere unterhalten. Während die traumhaften kanadischen Landschaften an mir vorbeizogen, wurde ich also zudem von entspannten Akustikversionen zweier kanadischer Nachwuchskünstler berieselt.

Erfahrung mit ViarailErfahrung mit Viarail: Das Essen

Nun komme ich endlich zu einem der für mich wichtigsten Punkte: dem Essen an Bord. Das Essen wurde drei Mal täglich in dem bereits erwähnten Speiseswagon eingenommen. Was ich als sehr positiv empfunden habe (andere mögen das anders sehen), war, dass man egal wie alt man war immer mit anderen Gästen zusammen an einen Tisch gesetzt wurde. Auch der Versuch einiger Passagiere, dies zu umgehen, scheiterte. Das Personal ließ sich nicht von ihren geplanten Sitzkonstellationen abbringen und betonte immer wieder, dass dies zu einer Fahrt mit Viarail dazu gehöre. So kam ich bei jeder Mahlzeit mit anderen Reisenden ins Gespräch, was wahnsinnig spannend und interessant war. Vor allem die Tatsache, dass jeder Passagier seine ganz eigene Erfahrung mit dem Zug machte und aus völlig unterschiedlichen Gründen diesen Weg wählte, um von Ost nach West zu gelangen.

Beim Essen selbst konnte man zwischen drei unterschiedlichen Vorspeisen, Hauptgerichten und Nachspeisen wählen. Beim Frühstück natürlich aus einer der unterschiedlichen Frühstücksalternativen. Wasser war inklusive, alle anderen Getränke konnte man zu fairen Preisen dazu bestellen. Ich hatte an keiner einzigen Speise etwas auszusetzen und auch auf meine teilweise etwas komplizierten Allergie- und Veggiebedürfnisse wurde ohne großen Widerstand eingegangen.

Erfahrung mit Viarail: Positives und Negatives

Direkt zu sagen ist, dass in meinen Augen die positiven Aspekte überwiegen. Ich liebe Zugfahren allgemein und empfinde es als eine der schönsten Wege von A nach B zu kommen. Und wenn man dann auch noch die schönsten Landschaften mit dem Zug durchquert, geht es eigentlich kaum besser. Auch die Dauer, die einige als negativen Aspekt empfinden könnten, habe ich sehr genossen und als positiv empfunden. Dadurch, dass ich einige Wochen in Kanada verbracht habe und nie lange an ein und dem selben Ort war, habe ich die 3 Tage im Zug als willkommene Abwechslung und vor allem Auszeit genießen können.

Erfahrung mit ViarailAls negativ ist auf jeden Fall der Preis zu nennen. Für die privaten Kabinen zahlt man weit über 1.000$, aber auch die Schlafplätze in den geteilten Wagon lässt sich das Unternehmen noch einige hundert Dollar kosten. Und dass drei Tage in den Sitzwagons nicht wirklich komfortabel sind, habe ich ja bereits angedeutet.

Beim Ticketkauf kann ich empfehlen möglichst kurzfristig zu buchen, wenn man mutig genug ist. Denn, sofern der Zug nicht ausgebucht ist, werden die Tickets kurz vor Abfahrt teilweise für einen Viertel des eigentlichen Preises verkauft. Eine weitere Möglichkeit etwas zu sparen ist es, sich kurz vor Abfahrt ein Angebot für ein Upgrade einzuholen. Auch diese sind – sofern die höherklassigen Kabinen nicht ausgebucht sind – günstiger.

Als weiteren negativen Punkt muss ich die Pünktlichkeit nennen. Dass Problem, dass wir den Zug nicht in Toronto nehmen konnten, tue ich mal als höhere Gewalt ab. Aber auch von Jasper nach Vancouver hatte der Zug über 5 Stunden Verspätung. Ich musste also eine weitere Nacht ein Hotel in Jasper buchen, um dieses dann um drei Uhr morgens wieder zu verlassen, damit ich in den Zug steigen konnte. Sowohl das Hotelpersonal, als auch das Personal im Zug versicherte mir, dass diese Verspätung noch völlig im Rahmen läge und es fast nie vorkommt, dass der Zug pünktlich ist. Das hätte man natürlich vorher recherchieren können, trotzdem ist es nicht wirklich hilfreich, wenn in Vancouver das nächste Hotel und der nächste Flug schon bezahlt sind und warten.

Erfahrung mit ViarailTrotz der negativen Aspekte würde ich diese Art der Reise innerhalb Kanadas jederzeit wieder wählen und auch jedem, der genug Zeit hat, wärmstens ans Herz legen. Diese Erfahrung ist mit keiner anderen Fortbewegungsweise während des Reisens innerhalb des Landes zu vergleichen und bereichert jeden Trip im Land des Ahorns.